Kinder bestrafen – was ist richtig?
Straffreie Erziehung – geht das?
Das Wort Strafe klingt gewaltvoll, ist hĂ€ufig manipulativ und ist in der heutigen Erziehung oft verpönt. Kinder bestrafen – nein danke! Aber es braucht Regeln und Grenzen fĂŒr Kinder. Diese sind sogar sehr wichtig. Was sollen Eltern tun, wenn ihr Kind sich bockig stellt oder nicht aufhört zu schreien? In diesem kurzen Beitrag erfĂ€hrst du, welche Möglichkeiten du hast ohne direkt âbestrafenâ zu mĂŒssen.
Ein Beispiel aus meiner Praxis
Lisa ist mit ihrer Tochter Jana, 4 Jahre alt, bei einer befreundeten Mutter zu Besuch. Jana spielt mit Lukas, 5 Jahre alt, dem Sohn von Mutter Gabi. Nach einer Weile bietet Gabi den Kindern etwas zu trinken und ein StĂŒck Kuchen an.
Beide Kinder freuen sich. Jana besteht darauf, das gröĂere StĂŒck Kuchen zu bekommen. Gabi erklĂ€rt, dass beide StĂŒcke Kuchen gleich groĂ sind und gibt jedem Kind einen Teiler. Lukas freut sich, fĂ€ngt an zu essen. Und Jana fĂ€ngt an zu schimpfen und zu schreien! Sie will unbedingt das StĂŒck Kuchen haben, was Lukas schon halb verzerrt hat.
Jana regt sich auf, brĂŒllt und schmeiĂt ihren Teller und das Glas voller Wut um. Die beiden MĂŒtter versuchen das MĂ€dchen zu beruhigen. Aber nichts hilft. Jana ist nicht zu beruhigen. Sie wirft sich auf den Boden und schlĂ€gt heftig auf die Mutter ein.
Wie reagiert die Mutter?
Lisa ist verzweifelt, sie weiĂ nicht, was sie tun soll. Aus lauter Verzweiflung schĂŒttelt sie Jana und schreit zurĂŒck. Und ausgerechnet das wollte sie doch gar nicht! Aber es passiert. Soll Lisa ihr Kind bestrafen? Sie weiĂ aber nicht wie.
Erst als Lisa ihrer Tochter verspricht, nachher ein Eis fĂŒr sie zu kaufen, beruhigt sie sich langsam. Der Besuch bei der befreundeten Mutter dauerte nicht mehr lange. Jana drĂ€ngt darauf zu gehen, sie will âjetztâ ihr Eis haben.
Kurz darauf verlÀsst Lisa mit ihrer Tochter die befreundete Mutter. Kommt dir so eine oder eine Àhnliche Situation bekannt vor?
Was tun, wenn dein Kind dich provoziert oder bockig ist
In meinem Beispiel aus der Praxis weià Lisa nicht, wie sie reagieren soll. Sie möchte doch alles richtig machen. Aber was ist das Richtige? Die junge Mutter möchte weder die Tochter schlagen, noch will sie sie anschreien. Aber sie möchte Jana Grenzen setzen und ihr klar machen, dass das Verhalten nicht ok war.
Lisa wÀhlte die Belohnung in der Hoffnung, dass Jana dann still ist. Und das hat zuerst einmal funktioniert. Aber es ist keine gute Lösung!
Eltern von heute möchten das Richtige tun, wollen ein gutes Vorbild sein. MĂŒtter und VĂ€ter wollen ihren Kindern Grenzen setzen, gute Lösungen anbieten und kindgerechte Kompromisse finden. Aber wo sind die notwendigen Grenzen? Kinder bestrafen â das wollen Eltern nur sehr ungerne.
Und MĂŒtter wollen schon gar nicht so sein, wie ihre eigene Mutter war. Oder VĂ€ter, wie ihre VĂ€ter.
Kinder bestrafen oder belohnen, um Ruhe zu haben?
Was also tun? Sollen wir Kinder bestrafen oder belohnen? Diese Art von âBelohnungâ, die Jana ihrer Tochter Lisa angeboten hat, war hier vollkommen deplatziert. Das Belohnen stĂ€rkt Lisa. Sie glaubt im Recht zu sein. Durch die Belohnung hat sie ein Druckmittel gegenĂŒber ihrer Mutter in der Hand. Und sie spielt es auch sofort aus.
SchlÀge sind absolut indiskutabel, auch lautes Anschreien hilft nichts. Wichtig ist es, die Nerven zu behalten und Ruhe zu bewahren. Sei du ein gutes Vorbild sein und handele achtsam. Es gibt viele andere Möglichkeiten etwas zu tun.
Unangemessen: Strafe mit Liebesentzug
Vollkommen unangemessen ist es, dem Kind zu erzĂ€hlen, dass Mama oder Papa es nicht mehr liebhaben. Nur weil die Eltern möchten, dass das Kind aufhört mit dem Ărger machen.
Diese und Ă€hnliche Arten von demĂŒtigem Verhalten gehören in die Mottenkiste der heutigen PĂ€dagogik. Sowie jede weitere Möglichkeit von Schlechtmachen, nicht mehr mit dem Kind reden, aussperren oder isolieren. Kinder bestrafen – sicherlich nicht so!
Liebesentzug ist traumatisierend und erzeugt Angst
Alles das ist eine Art âLiebesentzugâ und macht den Kindern Angst. Die Angst nimmt dem Kind den Mut und das Selbstbewusst sein so zu sein, wie es ist. Das Kind fĂ€ngt an sich âanzupassenâ, um der Strafe zu entgehen.
Es fĂŒhlt sich nicht richtig, falsch am Platz. Denn wenn Mama und Papa es nicht mehr liebhaben, ist es ja offenbar schuldig. Folglich muss das Kind etwas verĂ€ndern. Und das ist manipulativ und aus heutiger pĂ€dagogischer Sicht der vollkommen falsche Ansatz.
Reagiere feinfĂŒhlig, bleibe flexibel
Die dauerhafte Gratwanderung von Strenge und Machen lassen, was das Kind will, ist oftmals schwierig. Und es gibt kein Patentrezept.
Jedes Kind ist anders, jede Mutter und jeder Vater ist anders geprÀgt. Die Situation ist ebenfalls unterschiedlich. Das alles macht es recht komplex.
Verzweifele nicht, bleibe verstÀndnis- und liebevoll.
Aber sei konsequent und klar mit deiner Aussage!
Konsequent sein heiĂt das Zauberwort
Kinder bestrafen – was sagen die Erzieher? âIhr mĂŒsst als Eltern konsequent sein“, so heiĂt es bei Erziehern und Lehrern oft. Das Wort âStrafeâ wird bewusst vermieden. Doch immer wieder finden die unausgesprochenen Strafen ihren Weg im AlltĂ€glichen. Sie drĂŒcken sich nur anders aus.
Das kann beispielsweise die sozusagen âbewusste Auszeitâ in der Kita sein, die an eine Ă€hnliche beschĂ€mende Form der Erziehung von frĂŒher erinnert. Das Kind wurde frĂŒher öfter in-die-Ecke-gesetzt oder gestellt. Auch in der Schule war das oft an der Tagesordnung.
Bei aggressivem Verhalten oder sehr verzweifelten Kindern kann eine Auszeit in einem extra Raum gut sein. Aber das Kind darf sich nicht ausgeschlossen fĂŒhlen. Es kann die Zeit nutzen, sich zu beruhigen, auch mit Hilfe von einer Erzieherin beispielsweise. Wichtig ist, mit ihm darĂŒber zu sprechen und es nicht einfach âabzuschiebenâ.
Kinder bestrafen â aber nicht klein machen. Das fördert nur die innere Wut des Kindes und mindert das Selbstbewusstsein.
Gewalt â weder körperlich noch seelisch
Eine weitere Form von körperlicher Strafe ist der kleine Klaps auf den Po, der ‚ja bisher niemandem geschadet‘ hat. Das ist ein weiteres no-go. Und jede weitere Handlung von demĂŒtigem oder beschĂ€mendem Verhalten. Jede Form von Gewalt ist heute untersagt â das sollten alle Eltern wissen.
Liebe Eltern, vergesst aber bitte eines nicht: Gewalt findet nicht nur körperlich statt! Die âseelische Gewaltâ oder der âseelische Missbrauchâ ist eine hĂ€ufige Art wie Gewalt sich manchmal ausdrĂŒckt in Familien.
Folgendes rate ich dir zu beachten
Wie du Kinder bestrafen kannst: Sei konsequent und ĂŒberlege vorher, was du tust! Handele nicht vorschnell, lasse dir Zeit.
Wenn du etwas verbietest, dann ĂŒberlege vorher, ob du die Konsequenzen aushĂ€ltst oder nicht. Ich beobachte oft bei meinen Eltern, dass es nĂ€mlich genau an diesem Punkt scheitert. Dem Kind wird etwas angekĂŒndigt â und die Eltern halten es nicht ein.
Kinder bestrafen, aber wie? Nicht jede konsequente Haltung ist eine Art von Misshandlung. Es geht vielmehr um Grenzen, die du als Elternteil setzen darfst. Durch konsequentes Handeln merken Kinder genau, dass es Grenzen gibt. Die Kinder respektieren Grenzen, sie fordern sie oft sogar ein.
Sinnvolle Strafen
Es gibt auch sinnvolle ‚Strafen‘, die Eltern mit gutem Gewissen einsetzen können. Diese Strafen mĂŒssen angemessen (Alter, Situation), so gerecht wie möglich und fĂŒr das Kind leicht nachvollziehbar und umsetzbar sein. Und ohne jegliche Form von Gewalt â das ist selbstverstĂ€ndlich.
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